Gefährdungsanalyse bei Legionellen im Trinkwasser
Wozu eine Gefährdungsanalyse des Trinkwassers?
Treten in Trinkwasser-Installationen Überschreitungen des technischen Maßnahmenwerts für Legionellen auf, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass mit der Konzeption, dem Bau und/oder dem Betrieb der Anlage etwas nicht in Ordnung ist. Denn eine Legionellen-Kontamination ist technisch vermeidbar. In der Vergangenheit existierten keine normativen Vorgaben im Hinblick auf die Gefährdungsanalyse Trinkwasser. Die Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 schafft eine praxisnahe Grundlage zur Erstellung von einheitlichen und zielführenden Gefährdungsanalysen. Sie wurde in enger Zusammenarbeit der wichtigsten im Bereich der Trinkwasserhygiene tätigen Vereine und Verbände erarbeitet. Die Richtlinie dient dazu, den Qualitätsstandard bei Trinkwasser Gefährdungsanalysen zum Schutz der Verbraucher und Betreiber von Trinkwasser-Installationen signifikant zu erhöhen.
Was ist unter einer Gefährdungsanalyse zu verstehen?
Bei einer Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts muss nach der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) eine Gefährdungsanalyse durch einen fachkundigen Sachverständigen durchgeführt werden. Diese dient der Entwicklung von Maßnahmen zu einer Wiederherstellung eines besorgnisfreien Zustands.
Wer darf eine Gefährdungsanalyse durchführen?
Der Unternehmer oder sonstige Inhaber von Trinkwasser-Installationen (UsI) ist für die Auswahl und Beauftragung eines Durchführenden für die Erstellung einer Gefährdungsanalyse zuständig. Wenn er die Gefährdungsanalyse nicht eigenständig durchführen kann, kommen als Durchführende in den Bereichen Sanitärtechnik und Trinkwasserhygiene qualifizierte Mitarbeiter u. a. aus folgenden Unternehmen in Betracht:
- gemäß DIN EN ISO 170208 akkreditierte technische Inspektionsstellen für Trinkwasserhygiene
- nach Trinkwasserverordnung akkreditierte und nach § 15 Absatz 4 TrinkwV 2001 zugelassene Untersuchungsstellen (Labore)
- Planungs- und Ingenieurbüros
- Handwerksbetrieben des Installationshandwerks (Vertrags-Installationsunternehmen nach AVBWasserV9)
Die erforderliche Qualifikation liegt vor, wenn die betreffende Person ein einschlägiges Studium oder eine entsprechende Berufsausbildung nachweisen kann und fortlaufende berufsbegleitende Weiterbildungen eine weitere Vertiefung erkennen lassen. Darunter fallen z. B. die Fortbildung nach VDI 6023 (Zertifikat, Kategorie A), die Fachkunde Trinkwasserhygiene des Fachverbandes Sanitär Heizung Klima und DVGW-Fortbildungen zur Trinkwasserhygiene. Die relevanten Regelwerke und zugehörige Kommentierungen müssen den Sachverständigen in jeweils aktueller Form vorliegen und bekannt sein. Als technische Ausstattung können Geräte zur Temperaturmessung in Wasser und auf Oberflächen, zur Durchflussmessung in Rohrleitungen sowie zur Differenzdruckmessung notwendig sein.
Ablauf einer Gefährdungsanalyse
Voraussetzung für die Gefährdungsanalyse ist in jedem Fall eine umfassend dokumentierte Ortsbesichtigung des gesamten Verteilungssystems unter technischen und hygienischen Aspekten.
Die Notwendigkeit anschließender Schritte von der Nachbeprobung über die Durchführung von Maßnahmen oder gar die Gefahrenabwehr ergibt sich beim Vorliegen der entsprechenden Messwerte. Diese können aus den jeweiligen Angaben der Tabellen 1 a) und 1b) des DVGW-Arbeitsblattes W 551 entnommen werden. Entgegen dieser Tabellen ist nach Trinkwasserverordnung der technische Maßnahmewert erst ab 100 koloniebildenden Einheiten pro 100 Milliliter überschritten (nicht bei Werten ≥ 100 KBE / 100 ml wie im DVGW-Arbeitsblatt).
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Die einzelnen Elemente der Gefährdungsanalyse:
- Überprüfung der Dokumente (z. B. Unterlagen zur Planung und Ausführung der Trinkwasser-Installation (Installationspläne) und bereits vorliegende Ergebnisse von hygienisch-mikrobiologischen Untersuchungen).
- Überprüfung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und der bestimmungsgemäßen Nutzung der Trinkwasser-Installation im Gebäude. Diese basiert auf den Planungsunterlagen und Aufzeichnungen, die den Aufbau und Betrieb der Anlage dokumentieren. Sofern die entsprechenden Dokumente nicht vorliegen, ist schnellstmöglich ein aktuelles Schema der Leitungsführung zu erstellen. Für die aktuelle Gefährdungsanalyse sind die notwendigen Informationen durch Befragungen und die eigene Inaugenscheinnahme zusammenzutragen.
- Prüfung wichtiger Betriebsparameter wie insbesondere der Temperatur an endständigen Entnahmestellen, in der Zirkulation und in der Warmwasserbereitung. Siehe auch VDI/DVGW 6023, DIN EN 806, DIN 1988 und DVGW W 551 sowie W 553.
- Veranlassung oder Durchführung von Untersuchungen auf Legionellen in weiteren Anlagenteilen.
- Gesamtbewertung und Zusammenführung der Ergebnisse und Befunde sowie die Ableitung von Maßnahmen.
Ursachen für einen Legionellenbefall
- Überdimensionierungen von Warmwasserspeichern und/oder Rohrleitungen. Durch die Überdimensionierung stagniert das Wasser und die Organismen vermehren sich deutlich schneller.
- Verwendung ungeeigneter Materialien bei Rohrleitungen bzw. Anlagen- und Geräteteilen. Verzinkte Rohrleitungen beispielsweise sind im Warmwasserkreislauf in Neubauten verboten.
- Stagnierendes Wasser in den Leitungen aufgrund unregelmäßiger oder komplett fehlender Entnahme.
- Temperaturbereiche im Warm- und Kaltwasser, bei denen Bakterienwachstum gefördert wird. Für Warmwasseranlagen in Großanlagen (z. B. Kliniken, Pflegeheime, Schulen, Hotels) ist eine Temperatur von mindestens 60°C am Austritt des Warmwasserbereiters (Boiler) gefordert. Bei geringeren Temperaturen werden Mikroorganismen nicht mehr ausreichend abgetötet.
- Einen nicht unerheblichen Anteil für eine hohe Kontamination durch Legionellen hat der Biofilm in den Wasserleitungen.
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