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Risikoabschätzung (Gefährdungsanalyse) bei Legionellen im Trinkwasser

Wozu eine Risikoabschätzung des Trinkwassers?

Wird in Trinkwasser-Installationen der technische Maßnahmenwert für Legionellen erreicht, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass mit der Konzeption, dem Bau und/oder dem Betrieb der Anlage etwas nicht in Ordnung ist. Denn eine Legionellen-Kontamination ist technisch vermeidbar. In der Vergangenheit existierten keine normativen Vorgaben im Hinblick auf die Risikoabschätzung des Trinkwassers. Die Richtlinie VDI/BTGA/ZVSHK 6023 Blatt 2 schafft eine praxisnahe Grundlage zur Erstellung von einheitlichen und zielführenden Risikoabschätzungen. Sie wurde in enger Zusammenarbeit der wichtigsten im Bereich der Trinkwasserhygiene tätigen Vereine und Verbände erarbeitet. Die Richtlinie dient dazu, den Qualitätsstandard bei Trinkwasser Risikoabschätzungen zum Schutz der Verbraucher und Betreiber von Trinkwasser-Installationen signifikant zu erhöhen.

Was ist unter einer Risikoabschätzung zu verstehen?
Bei einer Überschreitung des technischen Maßnahmenwerts muss nach der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) eine Risikoabschätzung durch einen fachkundigen Sachverständigen durchgeführt werden. Diese dient der Entwicklung von Maßnahmen zu einer Wiederherstellung eines besorgnisfreien Zustands.

Wie kommt es zu einer Trinkwasserverkeimung?

Vorbeugung und regelmäßige Kontrolle

Der Hauptinfektionsweg von Legionellen ist die Einatmung erregerhaltiger, lungengängiger Aerosole aus dem Warmwasserbereich. Legionellen kommen in jedem Trinkwasser vor.

Die Temperatur des Wassers ist oft entscheidend, ob sich Legionellen auf gesundheitsbedenkliche Konzentrationen vermehren oder nicht. Weitere Faktoren sind Stagnation, lange Leitungswege, Totleitungen, keine regelmäßige Wasserentnahme oder keine vorgeschriebene Inspektion und Wartung.

Beim Energiesparen genau auf die Wassertemperatur achten

Energiesparmaßnahmen im Bereich des Trinkwassers müssen genau auf die Temperaturen abgestimmt werden, die eine Vermehrung von Legionellen verhindern.


  • bis 20° C vermehren sich Legionellen nicht
  • über 20° C steigt die Vermehrungsrate allmählich an
  • bei 30-40° C finden Legionellen optimale Bedingungen vor
  • bei mehr als als 45° C sinkt die Vermehrungsrate
  • ab 55° C kommt es zum Absterben
  • ab 70° C kommt es zu einer sicheren Abtötung der Keime

Mehr Infos vom UBA

Legionellenprüfung – Hintergründe & Fakten

 

Eine Legionellenuntersuchung muss nicht nur bei Großanlagen regelmäßig durchgeführt werden. Auch viele Vermieter von Wohnimmobilien stehen in der Pflicht. Das schreibt die Trinkwasserverordnung seit 2012 vor. Denn Legionellen lösen eine besonders schwere Form der Lungenentzündung, die sogenannte Legionärskrankheit aus, die in 10-15 % der Fälle tödlich verläuft. Ihren Namen erhielten die winzigen Stäbchenbakterien durch einen Veteranentreff der Amerikanischen Legion, wo 1976 nach einer Masseninfektion der Erreger erstmals identifiziert wurde. Eine Legionelleninfektion wird über die Lungen übertragen. Die größte Gefahr besteht daher bei allen Trinkwasseranlagen, bei denen Wasser versprüht wird. Am besten vermehren sich Legionellen bei Temperaturen zwischen 25 °C und 50 °C, daher sind von der Pflicht zur Legionellenprüfung Anlagen zur Trinkwassererwärmung betroffen. Dabei ist die Größe des Warmwasserspeichers und das Leitungsvolumen entscheidend, ob eine Pflicht zur Legionellenprüfung besteht. Besonders strengen Regelungen unterliegen Betreiber von Trinkwassererwärmungsanlagen, die Wasser der Öffentlichkeit zugänglich machen.


Wer darf eine Risikoabschätzung durchführen?

 

Der Unternehmer oder sonstige Inhaber von Trinkwasser-Installationen (UsI) ist für die Auswahl und Beauftragung eines Durchführenden für die Erstellung einer Risikoabschätzung zuständig. Wenn er die Risikoabschätzung nicht eigenständig durchführen kann, kommen als Durchführende in den Bereichen Sanitärtechnik und Trinkwasserhygiene qualifizierte Mitarbeiter u. a. aus folgenden Unternehmen in Betracht:

  • gemäß DIN EN ISO 170208 akkreditierte technische Inspektionsstellen für Trinkwasserhygiene
  • nach Trinkwasserverordnung akkreditierte und nach § 15 Absatz 4 TrinkwV 2001 zugelassene Untersuchungsstellen (Labore)
  • Planungs- und Ingenieurbüros
  • Handwerksbetrieben des Installationshandwerks (Vertrags-Installationsunternehmen nach AVBWasserV9)

Die erforderliche Qualifikation liegt vor, wenn die betreffende Person ein einschlägiges Studium oder eine entsprechende Berufsausbildung nachweisen kann und fortlaufende berufsbegleitende Weiterbildungen eine weitere Vertiefung erkennen lassen. Darunter fallen z. B. die Fortbildung nach VDI 6023 (Zertifikat, Kategorie A), die Fachkunde Trinkwasserhygiene des Fachverbandes Sanitär Heizung Klima und DVGW-Fortbildungen zur Trinkwasserhygiene. Die relevanten Regelwerke und zugehörige Kommentierungen müssen den Sachverständigen in jeweils aktueller Form vorliegen und bekannt sein. Als technische Ausstattung können Geräte zur Temperaturmessung in Wasser und auf Oberflächen, zur Durchflussmessung in Rohrleitungen sowie zur Differenzdruckmessung notwendig sein.


Ablauf einer Risikoabschätzung

 

Voraussetzung für die Risikoabschätzung ist in jedem Fall eine umfassend dokumentierte Ortsbesichtigung des gesamten Verteilungssystems unter technischen und hygienischen Aspekten.

Die Notwendigkeit anschließender Schritte von der Nachbeprobung über die Durchführung von Maßnahmen oder gar die Gefahrenabwehr ergibt sich beim Vorliegen der entsprechenden Messwerte. Diese können aus den jeweiligen Angaben der Tabellen 1 a) und 1b) des DVGW-Arbeitsblattes W 551 entnommen werden. Ab Werten von 100 KBE pro 100 Milliliter sind Maßnahmen zu ergreifen, da der technische Maßnahmewert erreicht wurde.

Die einzelnen Elemente der Risikoabschätzung:

  • Überprüfung der Dokumente (z. B. Unterlagen zur Planung und Ausführung der Trinkwasser-Installation (Installationspläne) und bereits vorliegende Ergebnisse von hygienisch-mikrobiologischen Untersuchungen).
  • Überprüfung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und der bestimmungsgemäßen Nutzung der Trinkwasser-Installation im Gebäude. Diese basiert auf den Planungsunterlagen und Aufzeichnungen, die den Aufbau und Betrieb der Anlage dokumentieren. Sofern die entsprechenden Dokumente nicht vorliegen, ist schnellstmöglich ein aktuelles Schema der Leitungsführung zu erstellen. Für die aktuelle Risikoabschätzung sind die notwendigen Informationen durch Befragungen und die eigene Inaugenscheinnahme zusammenzutragen.
  • Prüfung wichtiger Betriebsparameter wie insbesondere der Temperatur an endständigen Entnahmestellen, in der Zirkulation und in der Warmwasserbereitung. Siehe auch VDI/DVGW 6023, DIN EN 806, DIN 1988 und DVGW W 551 sowie W 553.
  • Veranlassung oder Durchführung von Untersuchungen auf Legionellen in weiteren Anlagenteilen.
  • Gesamtbewertung und Zusammenführung der Ergebnisse und Befunde sowie die Ableitung von Maßnahmen.

Was sind KBE?


Werden Legionellen im Wasser nachgewiesen, entscheidet deren Konzentration über die erforderlichen Maßnahmen. KBE steht für Koloniebildende Einheit und gibt an, wie viele lebende Mikroorganismen in einer Flüssigkeit enthalten sind.

Ursachen für einen Legionellenbefall

 

  • Überdimensionierungen von Warmwasserspeichern und/oder Rohrleitungen. Durch die Überdimensionierung stagniert das Wasser und die Organismen vermehren sich deutlich schneller.
  • Verwendung ungeeigneter Materialien bei Rohrleitungen bzw. Anlagen- und Geräteteilen. Verzinkte Rohrleitungen beispielsweise sind im Warmwasserkreislauf in Neubauten verboten.
  • Stagnierendes Wasser in den Leitungen aufgrund unregelmäßiger oder komplett fehlender Entnahme.
  • Temperaturbereiche im Warm- und Kaltwasser, bei denen Bakterienwachstum gefördert wird. Für Warmwasseranlagen in Großanlagen (z. B. Kliniken, Pflegeheime, Schulen, Hotels) ist eine Temperatur von mindestens 60°C am Austritt des Warmwasserbereiters (Boiler) gefordert. Bei geringeren Temperaturen werden Mikroorganismen nicht mehr ausreichend abgetötet.
  • Einen nicht unerheblichen Anteil für eine hohe Kontamination durch Legionellen hat der Biofilm in den Wasserleitungen.

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